Was macht einen gut sozialisierten Hund aus? Die Sicht eines Welpen
Hunde sind soziale Wesen wie wir Menschen auch. Sie brauchen soziale Bindungen, die sie versuchen in einem Rudel zu finden.
Machen wir ein Gedankenexperiment und versetzten uns in einen Hund.
Wir (Hunde) sind Meister im Lesen von Körpersprache, Gestik und Mimik. Nur so konnten unsere Vorfahren domestiziert werden und uns als den besten Begleiter des Menschen etablieren.
Die Reise als Welpe
In unseren ersten Lebenswochen beschützt, wärmt und umsorgt uns unsere Mama. Dabei weicht sie nicht von unserer Seite. Wir lernen von ihr alles was wir in unserem späteren Leben brauchen. Auch Frauchen und Herrchen von unserer Mama kümmern sich rührend um uns. Ich möchte mir nicht ausdenken, wenn ich in einem dunklen, kalten und dreckigen „Verlies“ aufwachsen müsste. Da hätte ich bestimmt mein ganzes Leben lang grosse Angst bei ungewohnten Geräuschen oder Bewegungen. Wahrscheinlich wäre auch meine Mama ganz ängstlich und würde dies auf uns übertragen. Aber so weiss ich genau, dass ich hier sicher bin und neugierig die Welt entdecken kann. Ich brauche keine Ängste haben und ich kann mit meinen Geschwistern spielen, wann immer ich will. Täglich lerne ich so dazu, z. B. den Umgang mit meinen Artgenossen und natürlich die Mimik sowie die Körpersprache der Menschen. Das macht mir richtig Spass.
Ich ziehe aus.
Meine Welpenstube wird nun langsam zu klein. Ich möchte mehr von der Welt sehen und bin sehr neugierig auf das, was noch kommen wird. Auch mein neues Frauchen und Herrschen mag ich schon sehr und freue mich auf ihre Liebe und Zuneigung. Da wir zukünftig gemeinsam ein Rudel sein werden, werde ich in meiner weiteren Beschreibung anstatt von Frauchen und Herrchen von meinen Leuten sprechen.
Sehr gespannt bin ich schon, was ich von Ihnen noch so lernen kann. Dankbar bin ich meiner Mama und deren Frauchen und Herrchen für die schöne Zeit. Naja, ein bisschen Wehmut ist schon dabei.
Mein neues Zuhause
Natürlich gebe ich mir alle Mühe, damit ich meinen Leuten alles recht mache. Damit mir das gelingt, ist es wichtig, dass ich klare Signale bekomme. Leider spreche ich nicht ihre Sprache. Aber ich erkenne an der Klangmelodie und an ihrer Mimik sowie Gestik genau, was sie von mir wollen. Durch ständiges Lernen und Wiederholen kann ich ein richtiger Meister beim Lesen von Körpersprache, Mimik und Gestik werden.
Was ich gar nicht mag ist lange Weile. Dann kommen mir viele Dummheiten in den Kopf. Ich liebe es, wenn Frauchen oder Herrchen sich die Zeit nehmen für lange Spaziergänge, Suchspiele oder Übungen. Übungen mag ich am liebsten, da ich hierbei das meiste lernen kann. Bei den Spaziergängen kann ich immer die neusten Informationen, die meinesgleichen vorher hinterlassen haben, erschnüffeln. Für mich ist das „Hundezeitung lesen“.
All das bedeutet aber nicht, dass ich auch meine Auszeiten brauche und mal chillen will. Ich muss schon sagen, dass mich die Übungen oder „Hundezeitung lesen“ ganz schön müde machen.
Übrigens: Es kann schon mal vorkommen, dass ein Artikel in der „Hundezeitung“ sooo interessant ist, dass ich die Information mitnehmen muss und dies dann in mein Fell schmiere (wälzen). Ohjee, dann gibt es immer ein Donnerwetter von meinen Leuten. Sie sagen, ich würde stinken. Das verstehe ich nun gar nicht. Ich bin stolz darauf, dass ich so lecker und interessant dufte.
Das Kuscheln mit meinen Leuten darf nicht zu kurz kommen. Ich fühle mich einfach am wohlsten, wenn ich mein Rudel um mich habe. Wenn ich die Zuneigung nicht bekomme, dann kann ich ziemlich stinkig werden. Ich persönlich verschaffe mir durch Kläffen Aufmerksamkeit. Andere Hunde ziehen sich beleidigt zurück, habe ich mir sagen lassen.
Neben den Kuscheln liebe ich es zu spielen. Ob ich mit meinen Leuten spiele oder mit meinen Artgenossen, ist mir egal – Hauptsache spielen. Wenn ich mit meinen Leuten spiele, nage ich schon mal an deren Fingern oder Zehen. Manchmal denken sie ich beisse. Aber dem ist nicht so. Ich übe nur mit meiner Beisskraft umzugehen. Später weiss ich dann genau, wie stark ich zuschnappen kann, ohne jemanden wehzutun. Wie bei den Menschen gilt auch bei den Hunden, es ist noch kein Hundemeister vom Himmel gefallen. Deshalb ist das Spielen für mich wichtig. Auch das Spielen mit meinen Artgenossen.
Liebe Hundebesitzer an dieser Stelle habe ich eine bitte an euch. Besonders an die, die grössere Hunde haben: Bitte nehmt eure grossen Hunde an die Leine, wenn ihr mich seht. Selbst wenn eure Hunde lieb sind und nichts mir antun würden. Es reicht eine falsche Pfotenbewegung eures Hundes, die mir sehr sehr weh tun kann. Und das wollen wir doch alle nicht. Aus diesem Grund habe ich auch vor grossen Hunden Angst und versuche durch Bellen mich frühzeitig zu wehren.
Ein anderes Thema ist Körperpflege. Die Körperpflege nervt, immer dieses ziehen und zerren an meinem Fell. Still halte ich nur, weil ich weiss, dass ich danach eine Belohnung bekomme – lecker.
Apropos lecker: Nicht alles schmeckt mir. Vor allem das billige Fressen ist oft nicht gesund und ausgewogen. Leckerlies sind aber meine Welt. Auch wenn meine Leute essen und es fällt etwas vom Tisch – man ist das lecker. Da will ich doch wissen, was noch alles da oben ist. Aber da werden meine Leute stinkig. Dann höre ich immer das gleiche – „du hast dort dein fressen“ oder „friss dein Futter“ oder „mache dies, dann bekommst du erst ein Leckerli“ bla bla bla … Manchmal ist Hundesein nicht einfach.

